Der römische Limes in Österreich

Danube Limes IÖG Übersichtskarte des römischen Limes
 

Fundorte -> Enns / LAURIACUM -> Fundkomplex Legionslager Enns

Legionslager Enns

Lage

Ortschaft:

Enns

Gemeinde:

Enns

Katastralgemeinde:

Enns

Kg-Nr:

45102

Denkmäler

Das Legionslager lag hochwassergeschützt auf einer Niederterrasse, die im Nordwesten gegen das heutige Bleicherbachtal abfällt. Die Orientierung des Lagers in SW-NO Richtung folgte dem Verlauf dieser Terrassenkante. Dies bedingte eine Anlage der Lagerfläche als Parallelogramm; es treffen die Fluchten der Baustrukturen im Inneren nicht im rechten Winkel aufeinander.
Noch heute ist der Verlauf der Umfassungsmauer und der Gräben im heutigen Stadtbild erkennbar: Römergraben - Bahnhofweg - Teichweg - Lorcher Straße.

Diese Fundstelle steht unter Denkmalschutz.

Zustand:

Das Areal des Legionslagers wird im nordöstlichen Bereich durch die Westbahn durchschnitten. Hier zeichnen sich die Lagergräben deutlich im Gelände ab. Im westlichen Bereich ist die Fläche weitgehend mit einer Einfamilienhaussiedlung überbaut.

Kategorie:

Legionslager
Grundriss Parallelogramm von 539 m x 398 m; 2,1 m breite Umfassungsmauer, 4 Ecktürme, 26 Zwischentürme; porta principalis dextra (S-Tor); Innenbauten: Principia, Kasernen, Thermenanlage, Valetudinarium, Wirtschaftsgebäude; späte Bauten (Pfostensetzungen, Heizungskanäle) mit ziviler Funktion.

Stationierte Truppen:

Legio II Italica
Inschriften und zahlreiche Ziegelstempel gehen auf Aktivitäten der legio II Italica zurück, die in Lauriacum ihr Hauptquartier hatte, von wo sie an verschiedenen militärischen Aktionen teilnahm. Bauunternehmungen wurden durch abgestellte Einheiten (Vexillationen) an mehreren Orten durchgeführt.
Spätantike Befestigungsmaßnahmen lassen sich unter dem Dux Ursicinus an Hand von Ziegelstempel nachweisen. Nach der Schlacht von Adrianopel (Edirne) 378 n. Chr. war in Enns nur mehr eine Resttruppe, der cuneus equitum Secunda(no)rum Italicanorum, stationiert (Not. Dign., occ. 5,86; 7,144). In der Notitia dignitatum werden weiters "lancearii Lauriacensis" (occ. 5,109; occ.7,58) und Lauriacensis scutaria" (occ. 9,21) genannt, sowie der "praefectus legionis secundae Lauriacum".
Die vita Sancti Severini nennt "vigiles" und "explores".

Zeitstellung

Datierung:

190 AD - 450 AD

Bauinschrift zur Fertigstellung von Innenbauten 205 n. Chr.; mehrere Brandhorizonte (um 270 n. Chr.); Abnehmen der Siedlungstätigkeit im 4. Jh.; Umbau unter Valentinian I.; Besiedlung bis in das 7./8. Jahrhundert.

Phase:

Römische Kaiserzeit

Forschungsgeschichte

Beim Bau der Westbahn 1857-61 wurde der nordöstliche Bereich des Legionslagers angeschnitten, erste Versuchsgrabungen wurden durch den 1892 gegründeten Musealverein für Enns durchgeführt. Planmäßige Ausgrabungen erfolgten durch die Limeskommission 1904 bis 1919, die von Max v. Groller geleitet wurden. Auf dem noch unverbautem Areal konnten die Befunde der Umfassungsmauer und der Innenbauten ergraben werden. Dieses großflächigem Unternehmen der Limeskommission brachte die Erstellung eines Gesamtplanes. Weitere Ausgrabungen und Vermessungen wurden von A. Gaheis, E. Swoboda und J. Schicker durchgeführt. In den ersten Nachkriegsjahren machten Bauvorhaben Dokumentation notwendig, die von J. Schicker in unveröffentlichten Tagebüchern aufgenommen wurden.
Kanalarbeiten ab 1964 ließen eine neue archäologische Erforschung zu, sowie 1976 der Bau des Ennser Hallenbades. 1977 wurde in der Publikation von H. Vetters ein neu aufgearbeiteter Plan des Lagers vorgelegt, 1986 erfolgte die Bearbeitung von K. Genser.
Ab 1994 kam es zu Ausgrabungen im Gelände des Legionslagers, wobei neue Erkenntnisse bezüglich des Vallums, des Fahnenheiligtums, der Querhalle im Süden der Principia, der Mannschaftskasernen und der die Via principalis säumenden Säulengängen gemacht werden konnte. Neu war auch der Nachweis von zivilen Bauten, die nach einer Abtragung und Planierung in den letzten Jahrzehnten des 4. Jahrhunderts errichtet worden sind. Aufgrund von Keramikfunden konnte nun eine kontinuierliche Besiedlung bis in das 7./8. Jahrhunderts nachgewiesen werden.

1930: Lagerbad

1857-1861: Bau der Westbahn

Literatur

Winkler 1971b (Truppengeschichte). Vetters 1977. Ruprechtsberger 1986. Genser 1986, 126ff. Harreither 2003. Winkler 2003a.

 

Text und Bearbeitung: Eva Kuttner